Die Preussische Partie

Im deutschen Sprachraum wird die Zugfolge 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.Sg5 d5 gelegentlich als preussische Partie bezeichnet, obwohl Preussen nach dem zweiten Weltkrieg aufgehört hat, zu existieren.

Matyas Marek – Justin Wang
Saint Louis 2018

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.Sg5 d5 5.exd5 Sa5 6.Lb5+ c6 7.dxc6 bxc6 8.Ld3 Sd5 9.Sf3 Ld6 10.O-O O-O 11.Te1 f5 12.Sxe5 Df6 13.Sf3 g5 14.g3 f4 15.Sc3 fxg3 16.hxg3 Sxc3 17.dxc3 Lg4 18.Lxg5 Dxf3 19.Dxf3 Lxf3 20.Te6 Sb7 21.Tae1 Ld5 22.Th6 Tf7 23.c4 Lf3 24.Tee6 Lf8 25.Thf6 Sc5 26.Txf7 Sxe6 27.Txf3 Sxg5 28.Tf5 Se6 29.Le4 Tc8 30.Tf6 Sd4 31.Kg2 Kg7 32.Tf4 h6 33.Tg4+ Kf6 34.Tf4+ Kg7 35.Tg4+ Kf6 36.Tf4+ ½-½

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.Sg5 d5 5.exd5 Sa5 6.Lb5+ c6 7.dxc6 bxc6

Das ist die so genannte Polerio-Verteidigung.

8.Ld3

Jetzt sind wir in der Bird-Variante, so benannt nach einer Partie Bird-Lasker von 1892. Sie ist ab etwa 2008 bei Topspielern in Mode gekommen.

8…Sd5

Das ist der Hauptzug. Die Alternative ist 8…Sg4, was auch Lasker versuchte. Bird antwortete 9.Sf3?! f5 10.h3, was aber wegen 10…Sxf2 11.Kxf2 Lc5+ 12.Kf1 e4 13.Le2 exf3 14.Lxf3 schlecht ist. Nach 10…e4 11.hxg4 exd3 12.cxd3? fxg4 kam Lasker trotzdem in Vorteil und gewann.

Als Hauptvariante dieses Abspiels hat sich in den letzten 10 Jahren 8…Sg4 9.Se4 f5 10.Le2 h5 11.h3 fxe4 12.hxg4 Lc5 13.b4 Dd4 14.bxc5 O-O 15.O-O Dxa1 16.Sc3 e3 17.gxh5 exf2+ 18.Txf2 Txf2 19.Kxf2 herauskristallisiert und wurde in Dutzenden Partien durchexerziert.

9.Sf3

Ich habe um 2010 herum angefangen, mich für diese Eröffnung zu interessieren, und sie tatsächlich auch einmal gespielt. Aber an dieser Stelle zog ich 9.h4, und es kam 9…Sf4 10.Lf1 h6 11.Sf3 heraus.

9…Ld6

Der Anlass für diesen Beitrag ist, dass gerade gestern (14.1.2020) Magnus Carlsen seine Ungeschlagenheits-Serie auf 111 Partien in Folge ausbaute. Sein Gegner, Jorden van Foreest, zog hier 10.Sc3 O-O 11.Le2, nach 11… Sf4 12.O-O Lg4?! stand er etwas besser, und im späteren Verlauf sogar einmal auf Gewinn. Um ein Haar hätte er Magnus‘ Rekord verhindert.

10.O-O O-O 11.Te1 f5 12.Sxe5 Df6

Der Grund für mein etwas seltsam anmutendes 9.h4 war damals, dass ich diese Stellung für verloren hielt. Ich wusste bereits, dass 13.Sc4 verliert, aber 13.Sf3 schien mir mehr als verdächtig. Interessanterweise wurde dann in den Jahren 2013-2018 nur dieses 13.Sc4 gemacht, und Weiss musste damit ein paar derbe Niederlagen einstecken. Die korrekteste und zugleich spektakulärste Partie sei hier gezeigt.

Martin Gruenter – Katerina Nemcova, Pardubice 2013
13.Sc4 Sxc4 14.Lxc4 Dh4 15.Lxd5+ cxd5 16.g3 Dh3 17.Df3 f4 18.Dxd5+ Kh8 19.Dg2 Dh5! (Extraklasse. nach 20.Dxa8 Lg4 21.Dg2 Lf3 wird Weiss mattgesetzt) 20.Sc3 Lg4 21.Dd5 Dh3 22.Dg2 Dh5 23.Dd5 Tae8 24.Tf1 Le5 25.d4 Lf3 26.Dd7 fxg3 27.fxg3 Lxg3 28.h3 Td8 29.De6 Tfe8 30.Dc4 Dxh3 0-1

13.Sf3 g5 14.g3 f4 15.Sc3 fxg3 16.hxg3

Des Pudels Kern. Er gibt eine Figur für drei Bauern.

16…Sxc3 17.dxc3 Lg4 18.Lxg5 Dxf3 19.Dxf3 Lxf3 20.Te6 Sb7 21.Tae1 Ld5 22.Th6 Tf7 23.c4 Lf3 24.Tee6 Lf8 25.Thf6 Sc5 26.Txf7 Sxe6 27.Txf3 Sxg5 28.Tf5 Se6 29.Le4 Tc8 30.Tf6 Sd4 31.Kg2 Kg7 32.Tf4 h6 33.Tg4+ Kf6 34.Tf4+ Kg7 35.Tg4+ Kf6 36.Tf4+ ½-½

Das war zweifellos eine Computerpartie. Ich vermute stark, dass es ein abgesprochenes Remis zweier Kollegen war. So genau spielt kein Mensch.