1.e4 e5 2.f4 exf4 3.Sf3 d6
Ein Grund, weshalb das Königsspringer-Gambit selten mehr gespielt wird, ist dieser Zug. Schwarz kann statt dessen mit 3…d5 4.exd5 Sf6 ausgleichen.
Mit dem Textzug strebt Schwarz die Philidor-Verteidigung an, eine Bauernstruktur mit d6, h6, g6, und f4. Er vermeidet damit Störmanöver wie 3…g5 4.h4 und auch alle die wilden Gambite, in denen Weiss den Sf3 opfert.
Die Variante 3…d6 wird auch Fischer-Verteidigung genannt. Fischer hat diesen Zug nie gemacht, aber er hat in American Chess Quarterly 1961 einen Artikel darüber veröffentlicht, weil er mit 3…g5 4.h4 g5 5.Se5 Sf6, wie er gegen Boris Spassky in Mar del Plata 1960 spielte, nicht zufrieden war.
Weiss sollte die Philidor-Struktur, die nach etwa 4.Lc4 h6 5.d4 g5 6.0-0 Lg7 entsteht, tunlichst vermeiden. Es ist eine der erfolglosesten Varianten im Schach. Allerdings gibt es viele Versuche, die Philidor-Mauer zu durchbrechen, und Schwarz muss immer sehr genau spielen, um einen Vorteil nachzuweisen. So sollte er hier nach 7.g3 nicht gleich 7…g4 8.Sh4 f3 spielen, sondern vorerst mit 7…Sc6 den Bd4 unter Beschuss nehmen.
Meiner Meinung nach sollte er nach 3…g5 4.h4 ziehen, denn auf alle anderen Züge kann Schwarz den Übergang in die Philidor-Verteidigung praktisch erzwingen. Ich selber habe darauf im Blitz immer die Computer-Empfehlung 4…g4 5.Se5 De7 6.d4 d6 7.Sxg4 Dxe4+ 8.De2 De7! befolgt. Weiss hat nichts besseres als 9.Dxe7+ Lxe7 10.Le2 h5 11.Sf2 Sh6. Der Springer droht, auf f5 zu hüpfen und damit den Bh4 zu gewinnen. Weiss hat Schwierigkeiten.
Die beliebteste Art, Philidor zu meiden, ist nach 3…d6 4.d4 g5 5.h4 g4 6.Sg1. Die Statistik dafür spricht sogar für Weiss. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man im 2. Zug einen Bauern opfern sollte, um dann im 6. Zug den Springer nach g1 zurück zu ziehen. Der Computer möchte hier das seltene 6…f5 machen, reklamiert nach 7.Sc3 fxe4 8.Lxf4 d5 einen soliden Vorteil für Schwarz und untermauert dies mit der Variante 9.Le5 Sf6 10.Sxd5 Dxd5 11.Lxf6 Lb4+ 12.c3 0-0.
4.Lc4
Auf alle anderen Zügen als 4…h6 hat Weiss mindestens die Hälfte der Partien gewonnen. Seltsam. Mir scheint, dass sowohl 4…Le6 als auch 4…Le7 für Schwarz völlig in Ordnung sind. Schwach ist allerdings jetzt 4…g5 wegen 5.h4
4…Le6 5.Lxe6 (vielleicht ist 5.d3 stärker) 5…fxe6 6.d4 Df6 7.De2 Sd7 8.e5 Df5
4…Le7 5.0-0 Sf6 6.Sc3 Sxe4 7.Sxe4 d5 8.Lxd5 Dxd5 9.d3 0-0
4…h6 5.h4
Der Anti-Philidor und Patentzug des finnischen Grossmeisters Heikki Westerinen, der damit seine Unsterbliche gespielt hat. Davon später. Schwarz sollte versuchen, den Bf4 zu halten, sonst wird Weiss mit dem starken Zentrum und der offenen f-Linie in Vorteil kommen. Die einzige Art, den Bauern zu befestigen, ist das Manöver Sf6-Sh5. Natürlich kann Schwarz mit einem anderen Zug als 5…Sf6 beginnen, aber das wird normalerweise auf Zugumstellung hinauslaufen.
5…Sf6 6.Sc3
Das direkte 6…Sh5 wurde noch nie probiert, ist aber durchaus plausibel. 7.Se5 dxe5 8.Dxh5 De7 9.Sd5. Schwarz scheint in Schwierigkeiten zu stecken, befreit sich aber elegant mit 9…g6 10.Sxe7 gxh5 11.Sxc8 Sc6 12.Sxa7 Txa7 13.Lb5 Tg8. Hier scheint Weiss mit 14.d4 einen kleinen Vorteil heraus holen zu können.
Weiss wird im nächsten Zug den Bf4 angreifen. Bis es so weit ist, kann Schwarz noch einen nützlichen Zug machen. 6…Lg4 betrachte ich als die Hauptvariante, daher analysiere ich erst einmal die Nebenvarianten.
6…c6 7.d4.
Jetzt kann Schwarz mit 7…b5 8.Ld3 Sh5 den Springer doch auf h5 stellen, weil er den Se5-Trick vermieden hat. Der Computer empfiehlt 9.Dd2, um die Dame nach f2 zu bringen und auf den geeigneten Moment zu warten, die gelockerte schwarze Bauernstellung zu attackieren.
7…d5 8.exd5 cxd5 9.Lb5+ Sc6 10.De2+ Le7 11.Se5 Ld7 12.Lxc6 bxc6 13.Lxf4 0-0 14.0-0-0 mit Chancen für beide Seiten.
6…Le7 7.d4
Schwarz kann mit 7…Sxe4 8.Sxe4 d5 9.Lxf4 dxc4 ausgleichen.
Thematisch ist jedoch 7…Sh5. Danach muss sich Weiss beeilen, den Bf4 abzuholen. 8.Se2 Lg4 9.Dd3. Eine hübsche Variante ergibt sich nach 9…0-0 10.Lxf4 Lxh4+ 11.Sxh4 Lxe2 12.Dxe2 Sxf4 13.Dg4 Dg5 14.Dxg5 hxg5 15.g3. Weiss steht besser. Schwarz verzichtet besser auf 10…Lxh4+ und tauscht mit 10…Sxf4 ab. Weiss hat gute Angriffs-Aussichten.
6…Sbd7 7.d4 Sh5 8.Dd3 Sb6 9.Lb3 a5 10.a3 führt zu kompliziertem Spiel. Wahrscheinlich ist das die beste Chance für Schwarz.
Nun zur Hauptvariante:
6…Lg4 7.d4 Sh5
Überraschenderweise ist dies schlecht für Schwarz. Auch der Computer sieht es nach über einer Minute immer noch nicht.
7.Se5
Droht das Seekadetten-Matt.
8…dxe5 9.Dxg4 Sf6 10.Df5
Damit kommen wir zu Heikki Westerinens Unsterblicher. In Westerinen – Meskanen, Jvaskyla 1994 geschah 10…Sc6 11.dxe5 Sd4 12.Dxf4 Sxc2+ 13.Ke2 Dd4 14.Lb5+ c6 15.Td1 Dc5 16.exf6 cxb5 17.Sd5 Ld6 18.fxg7 Tg8 19.Sf6+ Ke7 20.Txd6 Dxd6 21.Sd5+ Kd7 22.Dxf7+ Kc6 23.Lf4 Dd7 24.Df6+ 1–0. Dem ist nichts beizufügen.
10...exd4. 11.e5
11…dxc3 12.exf6 gxf6 13.0-0 Dd4+ 14.Kh1 Sd7 15.Te1+. Nach 15…Kd8 16.Lb5 c6 17.Lxf4 steht er schlecht, aber 15…Le7 16.Lxf7+ wäre tödlich.
11…Dd7 12.e6 fxe6 13.Lxe6 Dc6 14.Sd5 Sbd7 15.Lxf4 0-0-0 16.0-0-0 Sxd5 17.Lxd5 Df6 18.Le6 Dxf5 19.Lxf5 Ld6 mit einem etwas besseren Endspiel für Weiss.