Fehler-Psychologie

In jeder Schachpartie kommen ein paar mehr oder minder grobe Fehler vor, und der letzte Fehler entscheidet die Partie.

Paradoxerweise gibt es in der gesamten Schachliteratur kaum Werke, die einen Zusammenhang zwischen der Befindlichkeit der Spieler und den begangenen Fehlern herstellen.

In Partiebesprechungen wird ein Fehler meist mit einem Fragezeichen und dem Hinweis auf bessere Züge erledigt. Die Autoren neigen dazu, ihre Helden durch „starke“ Züge gewinnen zu lassen, anstatt durch die Fehler ihres Gegners.

Auch Bücher, die im Titel Untersuchungen über begangene Fehler ankündigen, beschränken sich darauf die Fehler zu erläutern, und suchen nicht nach psychologischen Ursachen. Beispiele dazu sind:

Robert Hübner, „Fünfundfünfzig feiste Fehler“, Ernst Vögel, Stamsried 1990,

Alexei Suetin, „Typische Fehler“, Sportverlag Berlin, 1982

Alexander Kotow pflegt in seinen Büchern die Artikel gelegentlich mit psychologischen Betrachtungen zu würzen, und in „Denke wie ein Grossmeister“ hat er ein eigenes Kapitel über Fehler geschrieben.

Zwei schachpsychologische Bücher, die Kapitel über Fehler haben, sind mir bekannt:

Nikolai Krogius, „Psychologie im Schach, Sportverlag Berlin, 1983. Von Ihm stammen die Begriffe „Restabbild“, „Träges Abbild“ und „Vorweggenommenes Abbild“, die er mit vielen Beispielen illustriert.

Reinhard Munzert, „Schachpsychologie“, Beyer, Hollfeld, 1998. Es enthält ein Kapitel über „Typische psychologische Probleme während der Partie“, mit kurzen Erläuterungen zu Themen wie „Schwierigkeiten in deutlich überlegenen Stellungen“, „Überraschend günstiger Verlauf der Partie“, „Ungeduld“, „Erzwingen wollen des Sieges“, „Verkrampfung und Zaghaftigkeit in Gewinnstellungen“, „Schocksituation“, etc. Jeder Spieler hat seine eigenen derartigen Erfahrungen gemacht.

Schach ist nun mal ein emotionales Spiel, und die Gefühlslage des Spielers hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der Stärke des Gegners, vom Erfolgsdruck und vom Partieverlauf.

Die wichtigste Ursache von Fehlern ist fast immer die eigene Spielstärke bzw. Schwäche. Ich habe in den folgenden Partien Fehler untersucht, die von der Spielstärke des Patzers her durchaus zu vermeiden gewesen wären, und untersuche deren mögliche psychologische Hintergründe. Es versteht sich von selbst, dass ich, ausser bei der allgegenwärtigen Schachblindheit, eigene Partien auswerten musste, da andere Spieler kaum über ihre Fehler Auskunft geben, und wenn, dann meist äusseren Umständen die Schuld geben.

Die letzteren Beispiele sind aufsteigend nach der Spielstärke meiner Gegner geordnet.

Antiquarische Schachbücher