Eine Legende

Duncan Suttles war in den 1970-er Jahren eine Kultfigur des Schachs, weil er eine ganz eigenwillige Schachauffassung vertrat. Seinen Nimbus hat er nie eingebüsst. Noch 2008 ist eine dreibändige Biografie von Bruce Harper und Yasser Seirawan herausgekommen. Er wurde vor allem durch die Interzonenturniere in Sousse 1967 und Palma de Mallorca 1970 bekannt, obwohl er jeweils unter 50% blieb.

Gyözö Forintos – Duncan Suttles
Olympiade Tel Aviv 1964

1.d4 g6 2.g3 Lg7 3.Lg2 d6 4.Sf3 Sc6 5.d5 Se5 6.Sd4 h5 7.h3 Ld7 8.f4 c5 9.fxe5 cxd4 10.e6 fxe6 11.Dd3 e5 12.Dxg6+ Kf8 13.O-O+ Sf6 14.Sd2 De8 15.Dd3 Lb5 16.Df3 Tc8 17.c3 dxc3 18.bxc3 Kg8 19.c4 Lxc4 20.Sxc4 Txc4 21.Le3 Dg6 22.Lxa7 Kh7 23.Tab1 e4 24.Df5 Dxf5 25.Txf5 Kg6 26.Tff1 Ta8 27.Txb7 Ta4 28.Lf2 Sxd5 29.h4 Lf6 30.Kh2 Sc3 31.Le1 Sxe2 32.Lb4 d5 33.Lxe7 T8a6 34.Lh3 Sd4 35.Lxf6 Txa2+ 36.Lg2 Txf6 37.Td1 Tff2 38.Txd4 Txg2+ 39.Kh1 Tad2 40.Txd2 Txd2 41.Te7 0-1

1.d4 g6

Sein Markenzeichen. Er spielte immer ‚modern‘, mit Weiss und mit Schwarz. Sein Gegner wählt einen konservativen Aufbau.

2.g3 Lg7 3.Lg2 d6 4.Sf3 Sc6

Provokant. Suttles stellte kaum einmal den Springer auf f6, sondern viel lieber auf h6, um dann entweder f5 anzustreben, oder sich mit f6 nebst Sf7 einzuigeln.

5.d5 Se5 6.Sd4

Der positionelle Weg. Darüber, was Suttles nach 7.Sxe5 gespielt hätte, können wir nur spekulieren. Ich tippe auf 7…dxe5…

… was ich richtig vermutet hatte (Nachtrag, mit Dank an G.W.)
Oscar Panno – Duncan Suttles
Olympiad Final-A  Lugano   1968.10.28
1.d4 g6 2.Nf3 Bg7 3.g3 d6 4.Bg2 Nc6 5.d5 Ne5 6.Nxe5 dxe5 7.O-O h5 8.e4 h4 9.g4 h3 10.Bf3 e6 11.Nc3 exd5 12.Nxd5 Be6 13.Kh1 c6 14.Ne3 Bh6 15.Be2 Nf6 16.f3 Qxd1 17.Rxd1 Bf4 18.Nf1 Ke7 19.Be3 b6 20.Kg1 Rad8 21.Kf2 Nh7 22.Ng3 Ng5 23.a3 f6 24.Bd3 Nf7 25.Ne2 g5 26.Nxf4 exf4 27.Bd2 Ne5 28.Bc3 c5 29.b4 cxb4 30.axb4 Rd7 31.Bxe5 fxe5 1/2-1/2

6…h5!?

Er bereitet ’sein‘ Sh6 vor, und ‚droht‘ nebenbei 7…h4, was Weiss zur natürlichen Reaktion 7.h3 veranlasst.

7.h3 Ld7

Originell und konkret. Er möchte 8…c6 oder 8…c5 spielen. Nach konventionellen Zügen wie 7…Sh6 leidet Schwarz etwas unter Raummangel. Weiss nimmt den Fehdehandschuh auf.

Die solide Alternative war 8.e4 c5 9.Se2 oder 9.Sf3. Es ist ausgeglichen, aber Schwarz hat bereits eine leichte Initiative auf dem Damenflügel.

8.f4 c5 9.fxe5

Kein schwieriger Entscheid. Nach 9.Sb3 Sc4 10.c3 ist Schwarz im Vorteil.

9…cxd4 10.e6 fxe6 11.Dd3

Droht 12.Dxg6+. Decken oder ignorieren?

Schwarz hat zwei Probleme. Einerseits den Bauern auf d4, ein Angriffsobjekt, welches Weiss mit c2-c3 oder Sb1-d2-f3 belästigen kann, und das Loch auf g5, wohin der weisse Springer hüpfen könnte, wenn Schwarz mit 11…Kf7 deckt.

12.c3 muss Schwarz ignorieren, weil er nicht den Sb1 entwickeln will. Es gibt dazu viele Möglichkeiten. 12…e5 13.cxd4 exd4 14.O-O+ Lf6 15.Sd2 Kg7 ist eine davon. Lf6 nebst Kg7 ist die Hauptverteidigung.

12.Sd2 e5 13.O-O+ Lf6 14.Se4 Kg7 . Schwarz steht solide.

12.O-O+ Lf6 13.Dxd4 Kg7 14.Df2 Sh6 wäre normal.

Will Schwarz die Drohung ignorieren, kann er dies auf verschiedene Arten tun. Geht man davon aus, dass Weiss g6 so oder so fressen wird, wäre der prinzipielle Zug 11…Kf8. In der Tat steht Schwarz nach etwa 12.dxe6 Lxe6 13.O-O+ Lf6 14.Dxg6 okay.

11…e5 12.Dxg6+ Kf8 13.O-O+ Sf6

11…e5 war zweifelhaft, weil jetzt nach der Standard-Verteidigung 13…Lf6 der weisse Springer nach e4 hüpfen kann. Nach etwa 14.Sd2 Le8 15.Dd3 Kg7 16.Se4 Lg6 16.c4 steht Weiss überlegen.

Ich hätte hier bedenkenlos 14.c3 gezogen. Aber nach 14…Le8 15.Dd3 Db6 16.Kh2 Kg8 ist der Fall überhaupt nicht klar.

14.Sd2 De8 15.Dd3 Lb5 16.Df3 Tc8

Schwarz hatte seine Figuren gut organisiert und könnte jetzt mit 16…Kg8 aus der Fesselung gehen. Er drückt lieber erst auf c2.

17.c3 dxc3 18.bxc3 Kg8 19.c4 Lxc4 20.Sxc4 Txc4 21.Le3?!

Ein miserabler Zug. 21.Df5 hielt immer noch etwas Druck aufrecht. Mit seinem Versuch den Damenflügel abzuräumen gerät er in einen Königsangriff.

21…Dg6 22.Lxa7 Kh7 23.Tab1 e4 24.Df5 Dxf5 25.Txf5 Kg6 26.Tff1 Ta8 27.Txb7 Ta4 28.Lf2 Sxd5 29.h4 Lf6 30.Kh2 Sc3 31.Le1 Sxe2 32.Lb4 d5 33.Lxe7 T8a6 34.Lh3 Sd4 35.Lxf6 Txa2+ 36.Lg2 Txf6 37.Td1 Tff2 38.Txd4 Txg2+ 39.Kh1 Tad2 40.Txd2 Txd2 41.Te7 0-1