Zwozwoer

Bei Spielern mit 2200 Elo kenne ich mich aus. Ich bin selber einer, und spiele andauernd gegen solche. Zwozwoer sind die wahren Patzer des Schachspiels. Während Zweitausender es einfach nicht besser können, verstünden Zwozwoer eigentlich genug, um es besser zu machen, aber sie stehen sich selber im Weg.

Andrin Wüest (2250) – GM Sebastian Siebrecht (2470)
Schweizerische Mannschaftsmeisterschaft 2012

1.d4 d5 2.Sc3 Lf5 3.Sf3 e6 4.Lg5 Sf6 5.e3 h6 6.Lxf6 Dxf6

Wir treffen also unseren Helden von Keine Pläne! erneut an. Wie ich schon andernorts sagte, ist es nicht verboten, den Anzugsvorteil zu verschenken. Das hat Andrin bereits erledigt.

Es wäre nun an der Zeit, etwas methodisches zu tun, etwa: 7.Ld3 oder 7.Sb5 Dd8 8.c4 Lb4+ 9.Sc3. Er durfte auch 9.h3 oder 9.a3 ziehen, aber er beweist schon hier, dass er Robert Hübners Warnung nicht verinnerlicht hat, denn er fängt bereits an zu planen.

7.Se5 Ld6 8.f4

Nun stünde er nach 8…Lxe5 9.fxe5 Dg5 nicht gerade schlecht, aber doch schon ungemütlich. Siebrecht findet einen Zug, der 10…Lxe5 oder c5 droht.

8…a6 9.Ld3 c5

Nach 10.0-0 Sc6 11.Se2 steht er immer noch okay. Aber auf einmal lässt er das Pläneschmieden sein und fängt an, methodisch zu spielen. Den Ausdruck hatte ich damals noch nicht erfunden, Andrin wird sich freuen, endlich zu wissen, was er tat.

10.Sa4

Ein Trick. Er will auf 10…cxd4 11.Sb6 spielen, 11…Ta7 12.Lxf5 Dxf5 13.Sc8. Darauf hätte sich Schwarz einlassen können, 13…Lb4+, 14.c3 ist erzwungen, 14…dxc3 15.Da4+ Sc6 16.Sxc6 cxb2+ 17.Sxb4+ b5 18.Sd6+ Kd7 19.Td1 bxa4 20.Sxf5 Tb8 21.a3 exf5 22.Tcd5+ Kc7 23.Kd2 a5 24.Tc5+ Kd6 25.Td5+ mit ewigem Schach, lautet die Hauptvariante. Unterwegs hätten beide tausend Fehler machen können. Natürlich will Siebrecht die Stellung unter Kontrolle halten.

10…Lxd3

Nach 11.Dxd3 ist nichts los.

11.cxd3!

Das ist wirklich originell, und führt in fast allen Varianten zum Vorteil, nur hat es leider einen Haken.

Richtig war 11…cxd4 12.Sb6 dxe3 13.Da4+ Sc6 14.Sxc6 0-0!

Jetzt würde 15.Sxa8 Dxb2 16.0-0 bxc6 17.Tab1 Dd2 wegen der Drohung 18…e2 verlieren. Das ist ganz und gar nicht leicht zu sehen, weil Schwarz gerade einen ganzen Turm minus hat. Nach 18.Tbd1 Db4 19.Dxb4 Lxb4 20.Tb1 e2 21.Txb4 exf1D+ 22.Kxf1 Txa8 hat er ein gewonnenes Endspiel.

Das Beste wäre 15.Dd4, um auf 15…bxc6 16.Dxf6 gxf6 17.Sxa8 Txa8 18.f4 ein ungefähr ausgeglichenes Endspiel anzustreben, aber auch hier hat Schwarz einen Trick, 15…e5, da 16.fxe5 wegen Matt nicht geht, und 16.Sxe5 Lxe5 17.Dxe5 an 17…Dxb6 scheitert. Bleibt noch 16.Sd7 exd4 17.Sxf6+ gxf6 18.Sxd4 Lxf4 und Schwarz steht besser.

Ich habe dem Fehler 11.cxd3 ein Ausrufezeichen gegeben, weil er subjektiv sackstark, obwohl objektiv falsch ist. Ich möchte den Grossmeister erst mal sehen, der diese Variante korrekt berechnen und bewerten kann. Kommt hinzu, dass Sebastian eher daran interessiert war, die Partie nach Hause zu schaukeln, anstatt komplizierte Varianten zu berechnen.

Das Erfolgsdenken steht gutem Schach im Wege. Siebrecht hatte 200 Elo mehr und war praktisch verpflichtet, für seine Mannschaft am ersten Brett zu gewinnen. Er konnte sich einfach nicht leisten, Sachen zu spielen, die er nicht sicher berechnen konnte. Ich kenne wenige Spieler, die 11…cxd4 gezogen hätten, einfach so, aufs Geratewohl, und weil es sicher spannend werden würde. Ich gehöre leider auch nicht zu ihnen, aber ich arbeite daran.

11…Lxe5 12.fxe5

12.dxe5 Dg6 13.Sb6 hätte mindestens remis erzwungen. 13…Dxg2 14.Tf1 Ta7 15.Sc8 Ta8, aber Weiss sollte sich eher darüber Gedanken machen, ob er nicht mit 16.Sd6+ auf Gewinn spielen will.

Ich sah bei der Analyse zu. Es war mehr ein Schachkurs als eine Analyse. Sebastian gab dem andächtig lauschenden Andrin väterlich wohlwollend über seine Erkenntnisse Bescheid. Etwas zu väterlich, wie mir schien, deshalb analysierte ich die Partie, sobald ich zu Hause war, und bevor ich sie vergessen konnte. Hier zum Beispiel war sein Bescheid, dass auf 12.dxe5 Dd8 kommt, und 13.Sxc5 wegen 13…Da5+ nicht geht. Was er dann auf 14.Dd2 Dxc5 15.Tc1 zu ziehen gedachte, teilte er ihm nicht mit.

12…Dg5

13.Df3 lag auf der Hand. Geplant war nach  13…Sd7 14.Sxc5 Sxc5 15.dxc5 Dh4+ 16.Df2 Db4+ nebst 17…Dxc5, aber Weiss hat den Zwischenzug 15.0-0 0-0 16.dxc5 Dxe5 17.d4 und steht besser.

13.Sb6 Dxe3+ 14.De2 Dxd4

14.Sxa8 Sd7 15.Sc7+ Ke7 16.0-0-0 Tc8 gefiel ihm nicht, wäre aber durchaus spielbar gewesen.

15.0–0–0? 0–0?

15…Ta7 16.Sc8 Sc6 17.Sxa7 Sxa7 mit klarem, offensichtlichem Vorteil.

16.Sxa8 Sd7 17.Sc7 Tc8 18.Sxe6 fxe6 19.Thf1 Tc6

20.Tde1 c4 21.dxc4 Txc4+ 22.Kb1 ist ausgeglichen. Der nächste Zug beruht auf einem Verrechner der einfachsten Art.

20.Dh5?? Sxe5 21.De8+ Kh7 22.Tf8 Sg6

Er hatte übersehen, dass das das Matt deckt.

23.Tf7 Tb6 24.Td2

24…Se5 droht 25….Sxd3+ und Matt in ein paar Zügen. Weiss kann aufgeben.

24…Dg1+? 25.Kc2 c4 26.dxc4 Tc6 27.b3 Da1 28.Txb7 Dxa2+ 29.Kc1 Da3+?

Er hatte es bereits ins Remis vergurkt. Nach diesem Fehler konnte Andrin mit 30.Kb1 gewinnen. 30…Se5 31.Dh5 Dd6 32.De2. Weiss hat alles gedeckt und eine Qualität mehr.

30.Kc2? Se5 31.Txd5??

Dies ist seine zweite Halluzination in dieser Partie. Er wollte 31.Kb1 einfach nicht sehen. Schwarz hat mit 31…Sxc4 32.bxc4 Txc4 remis. Wer weiss ob er das gefunden hätte. Nach allem, was er vorher gespielt hat, wage ich es zu bezweifeln.

32…Da2+ 32.Kd1 Da1+ 33.Ke2 exd5 34.Te7 0–1

 

Werner Kaufmann (2240) – Gabriele Botta (2350)
Innerschweizer Meisterschaft, 17.08.2014

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.h4 h6 7.Sf3 e6 8.h5 Lh7 9.Ld3 Lxd3 10.Dxd3 Sd7 11.Ld2 Sgf6 12.0–0–0 Le7 13.Kb1 0–0 14.Se4 Sxe4 15.Dxe4 Sf6 16.De2 Dd5

Diese Partie wurde in der siebten und letzten Runde gespielt. Bis dahin war mein Spiel eine einzige Katastrophe. In den sechs vorherigen Partien stand ich in fünf Partien zum Teil mehrmals auf Gewinn, und in einer immerhin auf plus eins. Ich hatte fünf Gewinnstellungen zum Ausgleich verdorben und drei einzügige Verlustzüge gemacht. Mein Resultat stand bei +3, =1, -2, ich hatte damit um die 25 Elo eingestellt, was alles über die Qualität meiner Gegner sagt.

Die Kategorie unter 1800 hat Ernst Grimm gewonnen. Ernst hat Jahrgang 1941, man kann auch im fortgeschrittenen Alter noch anständiges Schach spielen. Er spielt immer scharf auf Angriff. Sein Sieg zeigt, dass methodisches Spiel in dieser Kategorie Erfolg verspricht. Sein Name hätte für mich programmatisch sein sollen, doch mir fehlte in diesem Turnier sowohl der Ernst als auch der Grimm.

Gabriele ist ein „Chlötzlischieber“, auf deutsch Klötzchenschieber, womit ich meine, dass er ein Positionsspieler ist, es liebt, alles unter Kontrolle zu haben und seine Gegner mit feinen Manövern auszuspielen. In dieser Stellung hat er sozusagen ein Heimspiel. Ich hatte im dritten Zug ein paar Minuten überlegt, ob ich nicht lieber 3.e5 spielen sollte, entschied mich dann aber doch für 3.Sc3, weil ich mich damit sicherer fühle.

Da es die letzte Runde, draussen zum ersten Mal schönes Wetter war, und ich das Turnier nicht unbedingt mit einer weiteren Katastrophe abschliessen wollte, hatte ich ihn im 14. Zug schüchtern gefragt, ob er auf Gewinn spiele. Dieses Remisangebot war aus zwei Gründen wichtig. Erstens wusste ich nun, dass es hart auf hart gehen würde. Ich war sogar in der Lage, für einmal Ernst und Grimm aufkommen zu lassen. Zweitens bürdete ihm mein Angebot die Verpflichtung auf, etwas zu zeigen, und echte Gewinnversuche zu unternehmen.

Ich wusste, worum es ging. Diese Stellung hatte ich vor ein paar Jahren in einer Fernpartie gehabt, allerdings mit dem Läufer auf f4 statt d2.

17.Se5 c5 18.c4 De4+ 19.Dxe4 Sxe4

Ich prüfte 20.Le1 oberflächlich, sah aber keinen wesentlichen Unterschied zu 20.Le3. Klar, dass ich dann den „schönen“ dem „hässlichen“ Zug vorziehe. Ich bin immer noch weit davon entfernt, wirklich konkretes Schach zu spielen. Der Unterschied zeigt sich nach 20…Tfd8 21.f3  sofort, dann kann der Springer nicht nach g3! Er müsste 21…Sf6 22.Lc3 cxd4 23.Txd4 Txd4 24.Lxd4 a6 25.g4 zulassen, wonach er keinen vollen Ausgleich hat. 17…c5 war daher ungenau. Er hätte besser gleich 17…De4 gezogen.

20.Le3 Tfd8 21.dxc5 Lxc5 22.Lxc5 Sxc5 23.f3 f6 24.Sg6 Kf7 25.Sf4 Tac8 26.b3 e5 27.Sd5 Se6 28.The1 Td7 29.Se3 Tcd8 30.Txd7+ Txd7 31.Kc2 Sf4 32.g4

Diese Stellung wäre eine Bereicherung für so manches Buch über Schachstrategie. Wie soll man sie bewerten? Der Computer sagt 0.00 und hat natürlich recht, aber so einfach ist die Sache nicht.

Der „berühmte Trainer“ Jossif Dorfman propagiert drei Kriterien:

Erstens sollte man die statische, langfristige Lage bewerten, indem man feststellt, wer im Bauernendspiel besser steht. Wenn wir alle Figuren entfernen, ist das Bauernendspiel remis, er kann mit g7-g6 anfangen, den Königsflügel aufzulösen, wonach meine Mehrheit am Damenflügel nicht zum Gewinn reicht. Allerdings geht das nicht mehr, wenn die Könige einmal zentralisiert sind. Dann stünde ich auf Gewinn. Immerhin habe ich bewegliche Bauern am Damenflügel, während sein Königsflügel mehr oder weniger blockiert ist. Langfristig wäre ich daher ein wenig im Vorteil.

Zweitens, die dynamische Bewertung: Da hat er offenbar Vorteile, seine Figuren stehen aktiv, meine passiv.

Drittens, die Königsstellung. Seiner steht vielleicht ein My besser.

Laut Dorfman ist er verpflichtet, dynamisch etwas zu unternehmen, weil sonst langfristig mein statischer Vorteil zum Tragen kommt.

Ein Euwe würde wahrscheinlich auf meine Mehrheit am Damenflügel hinweisen. Botwinnik hätte sich überlegt, wer was tauschen darf. Ich sollte versuchen den Turm zu tauschen, er sollte alle Täusche vermeiden.

Ich höre öfters die Bemerkung, dass „Carlsen wieder einmal gewonnen hat, obwohl er überhaupt nichts hatte“. Carlsen ist ein Gleichgewichtskünstler. Stellungen dieser Art sind wie eine Gratwanderung. Ein falscher Schritt, und man stürzt ab. Carlsen stürzt kaum ab, seine Gegner viel eher. Ausgeglichene Stellungen sind viel schwieriger zu spielen, als solche, in denen eine Partei einen Vorteil hat.

Werden wir konkret.

32…Ke6 33.a3, und wie weiter? Der Computer schlägt schon wieder 33…Kf7 vor. Wenn er aktiv spielen will kann er nicht gut seinen g-Bauern ungedeckt stehen lassen.

32…g6 33.hxg6 Kxg6 34.Th1, und schon wieder haben wir Stillstand, da 34…Td3 nun an 35.Sf5 h5? 36.Txh5 scheitert.

32…Td3. Ich sah, dass sein Blick immer wieder zu seiner 7. Reihe wanderte. Er überlegte offenbar 33.Sf5 Txf3 34.Td2, und fand dass er wohl die Züge wiederholen müsste: 34…Tf2+ 35.Kc3.  35…Tf3+ ist remis. Er darf meinen Turm nicht auf seine 7. Reihe lassen. Dies könnte er mit  35…Se2+ 36.Kb4 Sd4 37.Sxd4 exd4 38.Txd4  Ke6 vermeiden. Das Turmendspiel steht kaum zu seinen Gunsten.

Im „Gewinnsinne“ bleibt nur noch sein nächster Zug übrig. Er stellt zudem eine kleine Falle.

32…Sd3 33.Te2

Denn 33.Td1 Sb4+ 34.Kb2 Txd1 35.Sxd1 Sd3+ 36.Kc3 Se1 verliert einen Bauern.

33…Sb4+ 34.Kc3 a5 35.c5

Er errötete. Das hatte er übersehen. Ich werde ebenfalls rot, wenn ich etwas übersehen habe, und komme zusätzlich ins Schwitzen. Freund Andrin bekommt leuchtend rote Ohren.

Die Dorfman’sche Methode sagt uns nun, dass zu meinem statischen Vorteil derjenige der besseren Königsstellung hinzu gekommen ist, was gleichzeitig auch einen dynamischen Vorteil bedeutet. Ich bin in allen drei Bewertungskriterien vorne. Die Computerbewertung hingegen ist immer noch 0.00.

Die psychologische Lage hat sich umgedreht. Er verstand, dass ab sofort ich auf Gewinn spielen würde. Nach Versehen stellt sich immer geistige Verwirrung ein, und der nächste Fehler lässt nicht auf sich warten.

Es war noch nichts verloren. 37…Tc7 38.Kc4 Sa6. „Logisch“ bin ich versucht, zu sagen. Nur ein methodischer Gegenangriff auf c5 kann ihn retten. 39.Kb5 Txc5+ 40.Kb6 Tc3 41.Kxb7 Sb4 42.Sf5 Txf3 43.Td2 Td3 44.Txd3 Sxd3 45.Kb6  ist remis. Dies ist ebenso schwierig zu finden wie korrekt einzuschätzen.

Auch der Gegenangriff 35…g6  reicht laut Computer wahrscheinlich zum Remis. 36.hxg6 Kxg6 37.a3 Sc6 38.Sf5 h5 39.b4 axb4 40.axb4 hxg4 41.fxg4 Kg5 42.Te4. 

Am schlimmsten war für ihn sicher, dass er die Kontrolle über die Stellung verloren hatte. Wie oben bemerkt, sollte er nichts tauschen. Der Springertausch bringt ihn in Nachteil.

36…Sc6? 36.Sf5 Sd4 37.Sxd4 Txd4 38.Te4 Td1 

Natürlich musste ich 39.Kc4 spielen. Ich brauchte dennoch viel Zeit, um einerseits über die Alternative 39.b4 nachzudenken, und weil ich anderseits auf 39.Kc4 Tc2 fürchtete.

Nach 39.b4 axb4+ 40.Txb4 Td7 41.Tb6 wäre es nahe am Gewinn. Aber was, wenn er die Drohung einfach ignoriert? 39…Ke6 40.bxa5 Kd7 hätte ihn vermutlich gerettet.

39.Kc4

Seine Lage ist prekär. Wie gesagt, fürchtete ich 39…Td2, und für einmal hatte ich recht. Meine Bemühungen, methodisch zu denken, scheinen doch gelegentlich Früchte zu tragen. 40.a4 Tc2+ 41.Kb5 Tc3

42.Kxa5 Txc5+ 43.Kb4 Tc7 44.Tc4 Td7. Er hat Remischancen.

42.b4 kam mir nicht in den Sinn. 42…axb4 43.Txb4 Ke7 44.Kb6 Kd7 45.Tb5 Kc8 46.Ka7 Ta3 47.a5 Ta1 48.Txb7 Txa5+ 49.Kb6 Txc5 50.Kxc5 Kxb7 51.Kd6 Der im 32. Zug angesprochene langfristige Vorteil, seine blockierte Bauernstellung, hat sich ausgewirkt. Aber das reicht nicht. 51…Kb6 52.Ke6 Kc5 53.Kf7 Kd4 54.Kxg7 Ke3 55.Kxf6 Kxf3 56.g5 e4 57.gxh6 e3 58.h7 e2 59.h8D e1D. Remis.

Sein nächster, „natürlicher“ – oder soll ich sagen, „positioneller“ –  Zug ist ein entscheidender Fehler.

39…Ke6? 40.Kb5 Kd5

41.Tc4 hätte auf der Stelle gewonnen, aber dazu hätte ich 41…Td2 42.Kb6 Txa2 43.Kxb7 Tb2 44.c6!  sehen müssen. 44…Txb3+ 45.Ka6!! Kxc4 46.c7. Stünde der weisse König auf a7, so wäre 46…Kc3 47.c8D+ Kb2 remis, weil jetzt der Ba5 nicht hängt, aber auch nicht durch 48.Da6, wegen 48…a4 abgeholt werden kann. Schon 44.c6 lag hinter meinem Rechenhorizont.

41.Kxa5

41…Kxc5 42.Tc4+ Kd6 43.Kb6 Td3 44.Kxb7 Txf3 45.b4  war meine Absicht. Dass es zum Gewinn reicht, hängt an einem seidenen Faden. 45…Tf4 46.Tc6+ Kd5 47.b5 e4 48.b6 e3 49.Tc1 Txg4 50.Te1 Te4 51.a4 f5 52.a5

52…f4 53.a6 f3 54.a7 f2 55.Td1+. Dieses Schach entscheidet.

52…Te7+ 53.Kc8 Kc6 54.Tc1+ Kb5 55.b7 Ka6 56.b8D Te8+ 57.Kc7 Txb8 58.Kxb8 f4 59.Te1 Kxa5 60.Kc7 Kb4 61.Tf1 und gewinnt. Sobald sein König die 4. Reihe betritt, drohe ich, f4 mit Schach zu schlagen.

Selbstverständlich hätte in diesen Varianten noch viel passieren können.

41…Td2

42.Kb6 Txa2 43.b4 Ta3.

Ich sah 44.Kxb7 Txf3 45.Te1 Tb3, und was nun?

Was ich nicht sah, war 44.Te2! Txf3 45.Tb2!, und er kann aufgeben.

42.a4

Nur mit 42…Kxc5 43.Tc4+ Kd6 44.Tc3 Td4  konnte er noch hoffen. Objektiv ist es nicht zu halten.  45.Kb5 e4 46.fxe4 Txe4 47.Tc4 Te3 48.b4 Te6 49.Ka5 Kd7 50.b5.

43…Td3 43.Tb4 Kc6 44.Tb6+ Kc7 45.b4 Txf3 46.Te6 Td3 47.b5 Kd7 48.Tb6 Kc7 49.c6 bxc6 50.Txc6+ Kb7 51.Te6 Td7 52.Kb4 Td4+ 53.Kc5 Txa4 54.Te7+ Kb8 55.Txg7 e4 56.b6

Ein überflüssiger Trick. Nach 56.Te7 e3 57.Txe3 Txg4 58.Te7 ist Schluss.

56…e3 57.Te7 Txg4 58.Txe3

Der Trick war, dass es nach 58…Tg5+ 59.Kc6 Matt wird.

58…Tg1 59.Te8+ Kb7 60.Te7+ Kb8 61.Th7 Tc1+ 62.Kd5 Tb1 63.b7

Quatsch. Kurz vor Schluss fange ich an, zu halluzinieren. Einfach 63.Txh6 Txb6 64.Th7 und gewinnt.

63…Txb7 64.Txb7+??

Das meinte ich in der Einleitung mit „sich selber im Weg stehen“. Ich hatte noch 3 Minuten auf der Uhr, er zwei. Es wäre ein versöhnlicher Abschuss des Turniers gewesen, endlich eine anständige Schachpartie. So aber war die Katastrophe komplett. Ich kann nur hoffen, dass es mit dem Alter nicht noch schlimmer kommt.

64…Kxb7 65.Ke6 Kc7 66.Kxf6 Kd7 67.Kg6 Ke7 68.Kxh6 Kf6 ½–½

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